Zum Evangelium nach Johannes 14, 1-6 am Sonntag, dem 2.11.2014 – Allerseelen
Typisch Thomas, möchte man sagen. Der Ungläubige, dem man alles erklären muss, der erst dann an die Auferstehung glaubt, als er die Wunden Jesu sieht. Genau dieser Thomas folgt Jesus auf dessen Weg, ist Zeuge aller Geschehnisse und zeigt doch, dass er das, was er sieht, noch nicht ganz begriffen hat.
So geht es mir auch. Dieser Thomas bin ich. Immer wieder werde ich beeindruckt von Menschen, die den Glauben an die Auferstehung schon viel mehr verinnerlicht haben, als ich das von mir annehme. Allerseelen ist so ein Tag, an dem ich davon etwas bemerke. Denn ganz vorne in meinen Gedanken herrscht die Trauer darüber, dass Menschen, die mir ans Herz gewachsen waren, nicht mehr da sind. Und erst viel später, ganz hinten, keimt der Gedanke an die Auferstehung.
Heute wird in der ehemaligen Pfarrkirche St. Pius in Wattenscheid ein Kolumbarium eröffnet. Wer die Kirche heute betritt, passiert erst den Bereich der Abschiedsräume, dann das Taufbecken und geht über eine Rampe hinauf zu dem Ort, an dem die Auferstehungsfeier stattfinden wird. Rechts und links sowie dahinter werden in Zukunft die Urnenkammern gefüllt. Einerseits liegt der Weg klar definiert vor uns, aber mit dem Begreifen des Bildes tun wir uns schwer. Wir haben gehört, dass uns allen die Auferstehung bevorsteht, dass der Tod nicht das Ende ist. Aber haben wir es verinnerlicht? Etwa, dass es uns stark macht bei unserem hiesigen Tun? Da brauche ich persönlich immer wieder Hilfe. Jemanden, der mich daran erinnert, was Jesus Thomas zur Antwort gibt: Vertraue mir. Folge mir nach, dann wirst Du das Ziel erreichen. Oder in den Worten des Evangeliums: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater ohne mich.“
Über dem Chorraum hängt heute ein Kreuz mit zwei Seiten. Von der Rampe aus gesehen ist das Kreuz leer und mit Bergkristallen geschmückt. Auf der Rückseite ist ein stilisierter Christus mit aufrechtem Blick zu sehen. Darunter wird ab Sonntag eine Osterkerze stehen – mitten im Weg, auf dem wir alle sind. Das Licht der Osterkerze wird also alle, die auf der Rampe sind, auf das leere Kreuz hinweisen: Wir wissen nicht, wie unser Weg verläuft, doch wir können darauf vertrauen, dass der irdische Tod nicht das Ende sein wird. Die Planungen für das Kolumbarium nehmen diesen Gedanken heute schon auf. In Zukunft ist statt des Kreuzes eine Installation geplant, die das himmlische Jerusalem symbolisieren soll. Mit der Osterkerze wird das ein Zeichen für alle die Momente sein, in denen wir ungläubig wie Thomas sind und den Hinweis brauchen: „Vertraue mir!“
Allen, die heute trauern, wünsche ich einen Moment, der Hoffnung macht.
Tim Wollenhaupt
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.