Pfingstsonntag, 08.06.2025
Zum Evangelium nach Johannes 14, 15 – 16. 23b – 26 oder
Johannes 20, 19 – 23
Kapitel 14
15 Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. 16 Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. 23b Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen. 24 Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat. 25 Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin. 26 Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.
Kapitel 20
19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! 23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.
Was bleibt eigentlich, wenn man für immer gegangen ist? Erinnerungen. Ein paar Gegenstände vielleicht, die aber erst dadurch besonders werden, weil sie mit Erinnerungen verknüpft sind. Ein paar Briefe möglicherweise oder Gesprächsfetzen tauchen auf, weil wir die Gedanken immer wieder denken und nicht aus dem Kopf kriegen. Manches davon sorgt dafür, dass wir unsere Sichtweise ändern und unser Handeln anders ausfällt. Weil wir aus Erinnerung lernen. Dann wird aus der Erinnerung an das Vergangene Handeln in der Gegenwart für die Zukunft. Dann lebt ein Gedanke, den andere gedacht und an uns weitergegeben haben, in unseren Gedanken und in unserem Handeln wieder auf. In seltenen Fällen über viele Generationen hinweg und selbst dann noch, wenn sich niemand mehr persönlich an denjenigen erinnern kann, der den Gedanken erstmals gedacht und in Worte gefasst hat. So viele Worte für einen winzigen Versuch, Geist zu beschreiben.
Andere haben das mit Bildern versucht. Mit Wortbildern. Der Geist wurde als „Windhauch“ beschrieben. Spürbar, aber nicht begreifbar. Oder ist es Ihnen schon einmal gelungen, Luft mit bloßen Händen festzuhalten?
Was geschieht da mit den Gefolgsmenschen Jesu? Vor seinem Tod verspricht Jesus ihnen einen bleibenden Beistand, der sie bestärken wird. Nach seinem Tod knüpft er an dieses Erlebnis an, legitimiert sich quasi als der Auferstandene und haucht sie an. Und von Stund an ändert sich alles. Die Gefolgsmenschen können nicht nur von einem Moment auf den anderen sicher erkennen, was gut und was schlecht ist, sondern sie können Urteile fällen, die unumstößlich sind.
Bei manchem Urteil heutiger Tage kann man sich durchaus wünschen, dass etwas mehr Geist im Beratungszimmer wünschenswert gewesen wäre – aber das betrifft eher weltliche Fragestellungen.
Das, was in den Evangeliumstexten beschrieben wird, hoffen wir noch heute. Mit einem Windhauch aus bischöflichem Mund soll aus Öl Salböl für Sakramente werden. In der Firmfeier erbittet die Gemeinde den Heiligen Geist als Beistand für die Kandidatinnen und Kandidaten. Der Bischof sagt den Gefirmten zu, besiegelt zu sein mit der Gabe des Geistes.
Unfassbar. Unbegreifbar.
Aber eben manchmal spürbar.
Dann, wenn der in uns aufblitzende Gedanke eben nicht von einem Menschen stammt, den wir in unserer Erinnerung wach und lebendig halten, sondern wenn dieser Gedanke aus einer anderen Quelle kommt. Wenn uns plötzlich neben einem Gedankenblitz auch warm ums Herz wird. Wenn das, was danach folgt, vielleicht sogar überraschend gut für alle Beteiligten ist.
Vielleicht gehen Sie heute in eine Kirche. Vielleicht verspüren Sie einen Windhauch. Und vielleicht fällt Ihnen dann mehr ein als die Feststellung, dass es zieht.
Schön wär’s. Gesegnete Pfingsten.
Tim Wollenhaupt