- Sonntag im Jahreskreis, 10.06.2018 – Zum Evangelium nach Markus 3, 20 – 35
Als ich das Evangelium erstmals gelesen habe, dachte ich spontan an eine Facebook-Party. Man will sich mit wenigen gemütlich treffen und plötzlich stehen Tausende vor der Tür. Mahlzeit. Nur man kommt nicht zum Mahl.
Haben Sie schon einmal solch einen Andrang vor einer Kirche erlebt? Und kopfschüttelnde Menschen, die das Schauspiel miterleben? Experten, die das Geschehen kommentieren und einen Pakt mit dem Teufel als einzige Erklärung wissen? Angehörige, die sich den Weg durch die Massen erkämpfen, um einen Prediger vor dem Ansturm zu retten? Ich nicht.
Fans habe ich erlebt, sei es vor und bei Konzerten oder Fußballspielen. Von Sinnen war da mancher, aber selten der Betreffende auf Bühne oder Spielfeld.
Ein Bild also aus ferner Zeit? Nun, so verstörend der Schluss des Evangeliums scheint, als Jesus sich von seiner Familie loszusagen scheint, so tröstlich kann er gesehen werden. Jesu Mutter hat offenbar häufig Kummer mit dem Sohn. Da sitzt er teils tagelang im Tempel, während er gesucht wird und gibt zur Antwort, er sei doch im Haus seines Vaters gewesen. Und in diesem Evangelium wirkt es so, als verbinde ihn nichts mit seiner Familie.
Dennoch kann es diese enge Verbindung wie in einer Familie geben, doch nicht durch Stammbaum oder Nabelschnur gebildet, sondern durch den Glauben und dadurch, dass „der Wille Gottes erfüllt“ wird. Kurzerhand wird zur Familie Jesu, wer ihm nachfolgt. Das schließt seine leiblichen Angehörigen ein, erhebt allerdings zugleich alle anderen auf dieselbe Stufe.
Was im ersten Moment so wirkt, als sage sich Jesus von seiner Familie los, führt zur familiären Gemeinschaft mit Gott für alle, die sich dafür öffnen. Wie heißt es doch häufig im Rahmen der Liturgie? „Wir heißen Kinder Gottes – und wir sind es.“ Geschwisterlich miteinander verbunden, durch die Taufe mit Gott verbunden, untrennbar wie in tatsächlicher Kindschaft.
Familie steht in aller Regel für ein vertrauensvolles, liebevolles Miteinander. Diejenigen, die sich im Kreis um Jesus versammelt haben, um von ihm zu hören und mit seinem Wort in die Welt gehen, dürfen sich fühlen wie geliebte Geschwister und geachtete Eltern. Wenn man so in den Kreis um den Altar tritt und die Kommunion empfängt, dann ist es keine Facebook-Party. Dann ist es ein Geschenk von Nähe, Wärme und Liebe.
Ihnen, Schwester und Bruder, wünsche ich einen herzwarmen Sonntag.
Tim Wollenhaupt