Zum Evangelium Mk 13, 24-32 am Sonntag, dem 15.11.2015
Das 13. Kapitel des Markus-Evangeliums ist mit den Worten „Rede über die
Endzeit“ überschrieben; von der Zerstörung des Tempels ist die Rede, vom
Höhepunkt der Not… In Vers 29 lesen wir, dass „… das Ende vor der
Tür steht…“ – und erschrecken sicher zunächst einmal. Die Worte, die
Gedanken erzeugen Bedrohung; der Begriff Ende weckt zunächst vermutlich
bei uns allen eher negative Assoziationen wie Angst und Trauer.
In unserem menschlichen Leben und in der Natur werden wir immer wieder
mit Erfahrungen von Ende und Endlichkeit konfrontiert, das größte und
unausweichliche Ende ist wohl unser Tod. Wir erleben das Ende von
Lebensphasen, das Ende von Freundschaften und menschlichen Beziehungen,
das Ende der Schulzeit und der Erwerbstätigkeit. Wir dürfen aber auch
immer wieder erleben, dass sich in jedem Ende ein Anfang verbirgt. So
treten wir z.B. nach jeder Lebensphase in eine neue Phase ein; diese
Übergänge verlangen uns Reifungsschritte ab und öffnen uns für Neues.
In der heutigen Schriftstelle nimmt Jesus zusammen mit seinen Jüngern
sein eigenes Lebensende in den Blick, darüber hinaus auch das
apokalyptische Welt-Ende, verbunden mit einer tröstlichen Version: In
Vers 26 und 27 lesen wir, dass man den Menschensohn mit großer Macht und
Herrlichkeit kommen sehen wird, dass er die Engel aussenden wird und die
von ihm Auserwählten aus allen Windrichtungen zusammenführen wird.
Ich verstehe die Frohe Botschaft des heutigen Evangeliums so, dass Jesu
Mahnung eine Einladung zu hoher Wachsamkeit ist. Die Übergänge in
unserem Leben verdienen unsere ganz besondere Aufmerksamkeit, weil sie
uns neue Perspektiven und Erfahrungen ermöglichen und wichtige
Erkenntnisse schenken wollen. Ich vermute, dass wir Menschen ein
absolutes Ende gar nicht denken können und dass die Hoffnung auf einen
Neuanfang in uns grundgelegt ist, solange wir leben. Und in Bildern
stellen wir uns vor, wie dieser Neuanfang dann aussehen könnte. Ein Bild
dafür ist das Paradies; in meinen Augen ein schönes Bild, weil es sich
mit einem Garten verbindet. In einem Garten wächst etwas heran, und ich
vertraue darauf, dass wir nach unserem irdischen Leben in etwas Neues
hineinwachsen werden; etwas, das so groß und wunderbar ist, dass wir es
gar nicht denken, uns vielleicht nicht einmal vorstellen können, weil es
alle menschlichen Dimensionen sprengt. Dass wir nach unserem Leben auf
der Erde an Gottes Hand in diesen Garten geführt werden. So sind wir im
Letzten nicht nur eingeladen, auf ETWAS zu vertrauen, sondern AUF IHN,
uns ganz und vorbehaltlos in Gottes Hand zu geben; das größte, was uns
abverlangt wird. Dann sterben wir sozusagen in ein neues Leben hinein.
Ich glaube, dass diese Einladung zur Wachsamkeit uns allen aber auch im
Hier und Jetzt gilt: dass wir in jeder Erfahrung von Not und Ende, von
Sterben und Vergehen, eingeladen sind, genau hinzuschauen, ganz
aufmerksam zu sein für die Begegnung mit Gott und für das, was er in
dieser Situation an uns wirken möchte.
Dass uns das immer wieder – auch im „Kleinen“ – neu gelingen möge,
wünscht Ihnen und mir
Brigitte Meier
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.