Zum Evangelium Mk 1, 21-28 am 4. Sonntag des Jahreskreises – 28.1.2024
21 Sie kamen nach Kafarnaum. Am folgenden Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte. 22 Und die Menschen waren voll Staunen über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten. 23 In ihrer Synagoge war ein Mensch, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien: 24 Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. 25 Da drohte ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! 26 Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. 27 Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht: Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. 28 Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.
Nachdem ich den heutigen Evangelientext wieder einmal eine Weile „mit mir herumgetragen habe“, um zu schauen, was der Text mit meinem Alltag macht und umgekehrt, was der mein Alltag mit dem Text macht, fliegen mir Gedankenbilder durch den Kopf.
Da sind u.a. Ausschnitte aus Filmen, die mir zu abstoßend waren, um sie komplett zu sehen, oder auch der Eindruck, dass „unreine Geister“ uns auf die vielfältigste Weise im öffentlichen wie im ganz privaten Leben alles andere als fremd sind … aber ein Gedanke ist es, der immer wiederkehrt und sich mit einem Wortpaar überschreiben lässt: MACHT-LOS und VOLL-MACHT.
Gleich zweimal, gleichsam wie ein inhaltlicher Rahmen, weist Markus auf Jesu VOLL-MACHT hin: „denn er lehrte sie wie einer, der (göttliche) Vollmacht hat“ (V 22) und „Hier wird mit Vollmacht eine neue Lehre verkündet.“ (V 27). Die Erzählung von der Austreibung der bösen Geister dient offensichtlich dazu, diese Vollmacht beispielhaft zu untermauern und zu verdeutlichen, dass Jesu absolute Liebe in Wort und Tat alles Zerstörerische überwindet.
VOLL-MACHT ist also das eigentliche Thema des Sonntagsevangeliums. Unsere Wahrnehmung der Welt spiegelt häufig viel eher die Erfahrung des MACHT-LOS Seins wider: Rohe Gewalt, sinnlose Tode, ideologische Verblendung und falscher Stolz, Narzissmus, Wut, Hass, Neid, Sturheit, Abstumpfung … Die „unreinen Geister“ scheinen die Macht übernommen zu haben, der Hydra scheinen immer neue Köpfe zu wachsen, der Kampf gegen die Übermacht der Probleme scheint aussichtslos. Die gefühlte MACHT-LOS -igkeit macht MUT-LOS!
Im Evangelium erkennt der unreine Geist (er spricht bezeichnenderweise von sich als „wir“, denn er ist so eine „Hydra“!) Jesus als den, dem er nichts entgegenzusetzen hat, gegenüber dessen VOLL-MACHT bei allem Drehen und Winden nur der Rückzug bleibt.
Jesus sagt uns immer wieder das LEBEN in FÜLLE, „VOLL DAS LEBEN“, zu. Lassen wir/lasse ich zu, dass diese VOLL-MACHT in und durch uns/in mir und durch mich wirksam sein kann?
Wer schon einmal in seinem Leben mit Zwängen und Ängsten zu tun hatte, die er/sie hinter sich lassen konnte, hat eine Ahnung von dem „vollen Leben“, dem Leben in Fülle, spürt, wie kleingeistig es ist, die Möglichkeit des Befreitseins zum Leben als Illusion abzutun!
Wie heißt es so schön in einer alten Werbung: „Nichts ist unmöglich!“ – Stimmt! Dem VOLL-MÄCHTIGEN ist NICHTS UNMÖGLICH! Warum nisten sich dann immer wieder diese „unreinen Geister“ ein, die uns/die mir weismachen wollen, dass diese Zusage des Lebens in Fülle mir/uns nicht (oder nur bedingt) gilt? Der Gedanke ist wohl zu „un-glaub-lich“, überschreitet unsere Vorstellungskraft ! Bezeichnenderweise ist die erste Reaktion der Menschen auf das Erkennen von Jesu Vollmacht auch Betroffenheit und Erschrecken (vgl. V 22 und V 27)!
Was geschähe wohl, wenn wir sie VOLL in uns und durch uns wirken ließen, seine MACHT? Ein spannender und ermutigender Gedanke, oder?
Maria Schmale