Zum Evangelium nach Johannes 10, 11-18 am Sonntag, dem 25.04.2021
4. Sonntag der Osterzeit
Der gute Hirte
11 Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. 12 Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen, lässt die Schafe im Stich und flieht; und der Wolf reißt sie und zerstreut sie. Er flieht, 13 weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt. 14 Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, 15 wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe. 16 Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten. 17 Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen. 18 Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es von mir aus hin. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen. Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen.
Liebe Leserin, lieber Leser,
während ich diesen Text schreibe, werde ich von zwei Augenpaaren genau beobachtet. Katzendame Kitty und Kater Charly haben es sich mir gegenüber auf dem Schreibtisch gemütlich gemacht. Mit großem Interesse schauen beide ihrem Herrchen bei der Bearbeitung der Computertastatur zu. Kitty und Charly, zwei Geschwister, werden im Sommer 10 Jahre alt und sind jeden Tag für meine Frau und mich eine große Freude. Es gibt zwar den bekannten Spruch: „Hunde haben Herrchen, Katzen haben Personal“, aber so genau nehmen wir das nicht. Wenn mich jemand fragen würde, warum ich die beiden so gerne habe, könnte ich nur antworten: Die Liebe und Zuneigung zwischen uns war einfach vom ersten Tag an vorhanden.
Während ich über unseren heutigen Textabschnitt weiter nachdenke, fällt mir das Gemälde „Hirte mit Schafen und Ziegen“ von Philipp Peter Roos (1655 -1706) ein. Das Bild zeigt einen Hirten, der ein kleines Lamm auf dem Arm trägt und ruhig und gelassen seine Herde bewacht. Wenn ich dann an meine beiden Katzen denke, kann ich gut nachvollziehen, welche Zuneigung ein Schäfer gegenüber seinen Schafen empfindet. Ich habe im Internet einige Bilder gefunden, auf denen unser Herr Jesus Christus als ein Hirte inmitten seiner Schafherde dargestellt wird. Ein ruhiges, friedvolles Bild, voll der Liebe und Zuneigung des Schäfers zu seiner Herde. Wenn ein Schaf sich verirrt hat, wird es gesucht und sicher zur Herde zurückgeleitet (Das Gleichnis vom verlorenen Schaf, Lukas 15, 3-6). Der Schäfer kennt seine Schafe und sie hören auf seine Stimme.
Wie soll man es richtig beschreiben? So eine Zuneigung und Liebe existiert einfach, sie ist vom ersten Tag an präsent. Es gibt kein Wenn und Aber, keine Berechnung oder Bedingung. In der Bibel findet man ein schönes Gedicht, das diese Tatsache deutlich macht: Das Hohelied der Liebe aus dem 13. Kapitel des 1. Korintherbriefs des Apostel Paulus. Es ist so liebevoll und einfühlsam geschrieben. Die bekanntesten Verse werden zu unzähligen Anlässen gerne zitiert – u.a.: „Die Liebe erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf…“ (1 Korinther 13,1 – 8a) oder: „Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.“ (1 Korinther 13,13) In 2. Mose 3, 14 offenbart sich Gott gegenüber dem Mose als JHWH, das heißt: der „Ich bin, der ich bin“, der „Ich bin da für euch“. Auch in unserem heutigen Textabschnitt, spricht der Herr Jesus die bekannten „Ich bin“ Worte, die uns zusätzlich mit einem „Amen Amen“ am Anfang des Satzes, auf eine wichtige Botschaft hinweisen: Jesus Christus – das Brot des Lebens, das Licht der Welt, die Tür, der Weg, die Wahrheit und das Leben. Dem Leser wird deutlich gemacht, der Herr Jesus kümmert sich liebevoll, gütig und aufopferungsvoll um seine geliebten Menschen und die gesamte Welt. Er möchte seine Brüder und Schwestern auf ihrem Lebensweg begleiten aber nicht bevormunden.
So kommen wir zu der wichtigen Frage: Ist der Herr Jesus für uns unser Hirte? Hören wir auf seine Stimme? Erwidern wir die Zuneigung, die uns Gott, der Herr Jesus und der Heilige Geist entgegen bringen? In der Hektik und dem Getöse des Alltags geht vieles unter. Anscheinend bleibt vielen Menschen kaum Zeit, in Ruhe und Einkehr ein Gespräch mit ihrem Gott zu führen. Gerade in Kriegs- und Krisenzeiten wird uns deutlich, dass Forschung, Wissenschaft und Technik, Weltwirtschaft, Gesundheitssysteme, Politik und Gesellschaft schnell an ihre Grenzen geraten. Wir haben die von Gott gegebene Welt fast ausgeplündert. Die reichen Industriestaaten haben viel zu lange über ihre Verhältnisse gelebt und darüber vergessen, die Menschen in den ärmeren Ländern dabei zu unterstützen, sich ebenfalls ein gesichertes und menschwürdiges Leben aufbauen zu können.
Nun merken „wir Schafe“ in den Industrienationen, dass unheimliche Viren und Bakterien keinen Halt vor Staatsgrenzen machen, dass das Wettergeschehen und die Klimaverschiebungen auch uns schwer zusetzen können. Ich hoffe, dass die Warnzeichen beachtet werden und eine Umkehr zu mehr Bescheidenheit und Demut stattfindet. Der liebevolle Umgang mit der gesamten Schöpfung ist der einzig richtige Weg, nicht der Weg in Zorn, Wut, Angst und Verzweiflung.
Und plötzlich ist dieses Bild von der Schafherde und dem Schäfer nicht nur ein idyllisches Bild, sondern ein Auftrag für unser Leben. Wir brauchen den guten Hirten Jesus Christus als Mittelpunkt in unserem Leben, als Orientierung, Anker und Halt. Es ist jetzt dringend an der Zeit, liebevoll mit sich selbst, seinen Mitmenschen und der Umwelt umzugehen. Vielleicht hilft eine Krisensituation vielen Menschen dabei, sich wieder auf die Suche nach ihrem Schäfer (Gott) und ihrer Herde (Gemeinde) zu begeben.
„Durch seine Wunden seid ihr heil geworden. Denn ihr wart wie irrende Schafe, aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.“ (1. Petrus 2, 24-25)
Ich wünsche Ihnen einen schönen und erholsamen Sonntag.
Ralf Crüsemann
Mein Tipp: „Tagessegen“
Jeden Tag neu spendet Pfarrer Heinz Förg aus dem Bistum Mainz den Segen für den Tag und verbindet dies mit einem kurzen Impuls zu einem ausgewählten Vers aus der Bibel. Das geistliche Ritual für den Start in den Tag!
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