Feier der Osternacht, 12.04.2020
Zum Evangelium nach Matthäus 28, 1 – 10
Dieses Osterfest ist anders. In keiner Kirche wird ein Gemeindegottesdienst gefeiert, schon gar nicht getauft und gefirmt. Die Gotteshäuser sind leer. Und sie werden es auch für eine Weile bleiben.
In gewisser Weise ist das genauso wie in der Bibelstelle bei Matthäus, jenes Osterevangelium, welches in dieser Osternacht ganz gewiss nicht vom Ambo der großen Gemeinde verkündet wird. Die Kirche ist wie das offene Grab, zu dem Maria und Maria von Magdala gehen. „Er ist nicht hier“ – diese für sich genommen niederschmetternde Nachricht gilt an diesem Osterfest auch für die Kirchengebäude. Da, wo man Jesus sicher anzutreffen glaubte, und sei es auch nur als Leichnam, findet man nichts mehr. Kein Leben, kein Überrest, noch nicht einmal den Tod.
Naja, nicht ganz. Neben der sichtbaren Leere steht eine Botschaft. Die Bibel umschreibt diese Botschaft mit dem Bild eines verkündenden Engels. Dieser Engel weist nicht nur darauf hin, dass das Grab leer ist. Der Engel sagt auch „fürchtet euch nicht! Er ist auferstanden, wie er gesagt hat.“ Das fühlbare Nichts ist das Ergebnis eines Ereignisses, was unfassbar ist. Während die Leere das Fürchten lehrt, macht das Begreifen des Nichts Hoffnung. Später, als die Frauen Jesus selbst begegnen, sagt auch dieser ihnen sein „Fürchtet euch nicht“ zu. Sowohl der Engel als auch der Auferstandene geben den Frauen einen Auftrag mit auf den Weg: Sie sollen von der Auferstehung erzählen und auf die zukünftigen Begegnungen mit Jesus vorbereiten.
Stellen wir uns kurz vor, wir gingen – streng mit gebührendem Abstand – an einer Kirche vorbei. Heute. Selbst, wenn wir durch die verschlossene Tür nicht hindurchblicken können, wissen wir, dass in dem Gebäude kein Leben ist. Für manche ist das eine dramatische Vorstellung. Für mich auch. Ich werde es vermissen, dass ich niemandem der vertrauten Gemeinde frohe Ostern wünschen kann, schon gar nicht in der gewohnten Herzlichkeit mit einer Umarmung.
Aber dennoch gilt für uns heutige Menschen genau dasselbe wie für die Frauen am Grab: „Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Und siehe, er geht euch voraus…“
Wenn wir die leeren Gotteshäuser als Erinnerung an das geleerte Grab empfinden und uns vom Auferstandenen erzählen – dann ist das Ostern. Ganz anders als gewohnt. Nicht so viel Feierliches, kein prachtvoller Gesang, kein Kerzenschein. Aber den hatten die Frauen damals auch nicht. Und vielleicht, weil gerade alles andere unsichtbar war, hatten sie einen Blick für den auferstandenen Jesus. Dieses „fürchtet euch nicht“ wirkt in diese Leere ganz deutlich hinein. Und es erinnert daran, dass auch bei der Geburt Jesu den ersten Zeugen, den Hirten auf dem Feld, mit diesem Satz begegnet wurde. Hier beginnt ein besonderes Leben. Lasst euch darauf ein und es bleibt kein Grund mehr zum Fürchten, ganz gleich, was auf Erden geschieht.
Die Frauen werden zu den Verkünderinnen des Lebens. Die Jünger erfahren von der Auferstehung von Menschen, denen sie vertrauen können. So kann man es bis heute verstehen. Menschen, die sich vertrauen, sagen sie sich gegenseitig zu, dass kein Grund zur Furcht besteht. Diese Auferstehung gilt auch für Dich. Heute. Sag es weiter.
Gerne auch in der kürzesten Version: „Frohe und gesegnete Ostern.“
Tim Wollenhaupt