Zum Evangelium Lk 13,22 – 30 (21. Sonntag im Jahreskreis, 25. August 2019)
Wenn es auf dem Weg zum Ziel eng und brenzlig wird, kommen wir leicht in Bedrängnis. Wir werden ängstlich und suchen Auswege. Jede und jeder kennt Situationen oder Dinge, denen er / sie lieber aus dem Weg geht. Was bringt mich dazu, zu fliehen und auszuweichen?
– Weil ein klares Bekenntnis unangenehme Folgen hätte …
– Weil ich Angst vor dem schmalen Grat habe, über den ich gehen müsste …
– Weil ein bequemer Ausweg lockt …
Im heutigen Evangelium – in der Gemeinde des Lukas – ist es die Frage: „Sind es nur wenige, die gerettet werden?“ Und dahinter die Frage: Gehören wir dazu?
Jesu Antwort appelliert an jede und jeden Einzelnen und macht deutlich, dass es um ein entschiedenes Kämpfen geht, wenn man durch die enge Tür möchte. Nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, nicht vorzeigbare Verdienste sind entscheidend, sondern das persönliche Bemühen um das Tun der Gerechtigkeit. „Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen“ (v. 24). Es geht darum, hinzusehen und nach Gottes Willen für mich in einer bestimmten Situation zu fragen und zu suchen. Unbequeme Fragen auszuhalten und sich mit einfachen Antworten nicht abzufinden. Und zu erkennen: Was da eng und unumgänglich in meinem Weg steht, ist eine Tür: die Tür zur Rettung, die Tür zum Himmel!
Angesichts der gegenwärtigen Situation von Kirche und Gesellschaft in Europa stellt sich die Frage vielleicht so: Wo stehen wir Christen eigentlich heute? Noch vor der Tür oder bereits dahinter? Wo ist unser Platz als getaufte Christen in der Welt von heute? Welche Rolle spielt unser Tun?
Verstehen wir uns ernsthaft als Mit-Suchende, die den unbequemen Fragen unserer Zeit nicht aus dem Weg gehen und die sich mit den einfachen Antworten (z.B. von Populisten) nicht zufrieden geben? Oder sehen wir uns bereits auf dem Weg der Wahrheit, die nicht zu hinterfragen ist?
Meinen Platz als getaufter Christ sehe ich an der Seite derer, die „durch die enge Tür“ des Fragens und Suchens gelangen möchten. Und dabei möchte ich nicht auf den bequemen Weg des säkularen Liberalismus oder eines christlichen Fundamentalismus ausweichen. In der Nachfolge Jesu sehe ich mich als Suchender für Suchende, als Fragender für Fragende. Nur so, glaube ich, kann Kirche in der Nachfolge Jesu heute die Glut unter der Asche bewahren. Nur so können wir uns ehrlich um eine Heilung der Kirche bemühen.
Vorrangig geht es nicht um eine „religiöse Mobilisierung“, sondern um die Erkenntnis, dass die gegenwärtige Krise eine Gelegenheit zu einer Reinigung und Glaubensvertiefung bieten kann. Dazu möchte ich mit dem tschechischen Priester und Soziologen TomášHalík einladen. Denn dazu brauche ich die Gemeinschaft derer, die sich sonntags immer neu vom Feuer des Heiligen Geistes anstecken lassen, immer wieder neu nach Gottes Willen zu fragen und zu suchen. Und ich halte Ausschau nach ermutigenden Impulsen, z.B. bei den jungen Leuten von Fridays-for-Future, bei den Frauen von „Maria 2.0“ oder bei Carola Rackete und den Seenotrettern auf dem Mittelmeer …
Burkhard Schönwälder