Palmsonntag, 14.04.2019
Zum Evangelium nach Lukas 19, 28 – 40
Fast könnte ich eine Wette eingehen: Wenn die Gemeinde am Palmsonntag in Höntrop hinter dem geschmückten Esel „Peppino“ in die Kirche St. Maria Magdalena zieht, erschallt wahrscheinlich ein Gesang mit dem Text „Auf einem Esel ritt er ein, das war sein Königsthron – auf einem Esel, zart und klein, und doch begann das Volk zu schrei’n: Hosianna Davidssohn!“
Normalerweise wird der bescheidene Esel als Zeichen besonderer Demut gedeutet und es ist kein roter Teppich, der im Evangelium beschritten wird, sondern ein eher improvisierter Textilgrund aus ausgelegten Kleidern. Der König, der hier kommt, berichtet von einem Reich, in dem es keinen roten Teppich, keinen kitschigen Glanz und keine Limousinen braucht. Ein Reich, welches dennoch so faszinierend ist, dass die Menschen dem königlichen Boten einen kraftvollen Jubel entgegenbringen. Die irdischen Mächtigen möchten die Jünger zum Schweigen bringen, schaffen es aber nicht und fordern Jesus auf, die Jünger zur Stille zu verpflichten. Jesus antwortet ihnen: „Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.“
Ein Statement voller Selbstbewusstsein. Gar nicht demütig, sondern die Demonstration einer Kraft, die nicht zu brechen ist. Wenn an diesem Sonntag die gesamte Passionsgeschichte gelesen wird, zeigt sich der lange Leidensweg Jesu. Doch eingerahmt wird dieser Weg vom königlichen Selbstbewusstsein beim Einzug nach Jerusalem und der Erfüllung der Worte in der Auferstehung am Ostermorgen. An diesem Sonntag konzentriert sich die Kernaussage unseres Glaubens: Wir können anstellen, was wir wollen, die Aussage von Gottes ins Leben rettenden Liebe bringen wir nicht zum Schweigen. Nicht der Tod ist endgültig, sondern die Verheißung himmlischen Friedens und göttlicher Herrlichkeit.
So ein wenig stoße ich mich sowohl im Evangelium wie auch im zitierten Lied am Begriff „Schreien“. Es muss ja einen Grund dafür geben, dass nicht laut gerufen wird, sondern geschrien. Das ist für mich nicht unbedingt ein wohlüberlegter Akt, sondern geht an die Schmerzgrenze – sowohl beim Schreienden als auch beim Hörenden. Und tatsächlich wirken die Jünger so, als wären sie nicht ganz bei Sinnen, denn sie nehmen keinerlei Rücksicht darauf, wie das wohl bei den Menschen wirkt, die sie dabei beobachten, wie sie Jesus auf dem Esel mit ihren Kleidern und ihrem Schreien den Weg bereiten.
Vielleicht ist es ein wenig verrückt, wie von Sinnen zu schreien. Und zugleich passend. Denn die Vorstellung, dass der Tod überwunden wird, geht über unsere Logik hinaus. Es passt nicht zu unserer wissenschaftlichen Überzeugung. Und doch ist es geschehen. Besser, man ist vor Freude außer sich als vor Verzweiflung. Jesus ist sich seiner Sache sicher. Gebe Gott, dass ein wenig von dieser Sicherheit in unser heutiges Leben hinein strahlt.
Ihnen wünsche ich eine gesegnete Heilige Woche.
Tim Wollenhaupt