- Sonntag im Jahreskreis, 17.06.2018
Zum Evangelium nach Markus 4, 26 – 34
Besonders an einem Senfkorn ist, dass es offenkundig seit Jesu Zeiten allgegenwärtig ist. Senf ist seit biblischen Tagen in aller Munde. Und um noch einen Kalauer draufzusatteln: Das richtige Evangelium zur Grillsaison. Tja, warum eigentlich nicht?
Wer grillt, kommt zum Essen zusammen. Meist mit zahlreichen anderen Menschen. Aber außer dem Menschen am Grill sehen wohl kaum alle zu, wie das, was auf dem Grill liegt, durch die Hitze verändert wird. Wir sehen ein „Vorher“ und lassen uns das „Nachher“ schmecken. Gerne auch mit Senf. Handgreiflich beschreibt Jesus das Reich Gottes mit einem anschaulichen Beispiel aus der Natur und doch ist es kaum im Wortsinne begreifbar. Wer schon einmal ein einzelnes Senfkorn zu fassen versucht hat, weiß, wie schwer das ist.
Und dieses kleine Körnchen, was heute bestenfalls die begleitende Würze zum Hauptgang liefert, soll also bildlich das Reich Gottes darstellen? Nun, es steht nicht allein im Evangelium. Von dem Landwirt ist ebenso die Rede, der unscheinbares Saatgut auf den Acker bringt und später eine reiche Ernte einfährt. Wer in Höntrop die Augen öffnet, kann das teilweise farbenprächtige Spiel auf den Äckern auch heute noch beobachten. Wer die Saat ausbringt, kann zu diesem Zeitpunkt nur hoffen, dass die Ernte gut ausfallen möge. Wissen kann man das nicht. Gott als Landwirt, der kleine Körnchen Liebe in die Menschen sät und darauf hofft, dass daraus Friede erwächst?
Das führt zu der Frage, ob ich selbst ein fruchtbarer Acker sein will. Pflege ich mich? Bereite ich mich auf den Empfang von Liebe vor wie ein Landwirt, der seinen Ackerboden lockert? Vergrabe ich alles in mir oder nehme ich Licht und Wasser an, damit die Saat aufgehen kann? Was kann ich von mir aus tun, damit das Senfkorn Liebe zu einem mächtigen Gewächs wird? Und was, wenn ich Geschmack und Gefallen daran finde, wenn Liebe mein Leben würzt? Kann ich dann Frucht treiben und Liebe weitergeben? Gebe ich meiner Liebe die Hoffnung mit, selbst als Senfkorn in anderen heranzuwachsen und zu einem Gewächs zu werden, dem Sturm und Hagel nichts anhaben können?
Viele bekreuzigen sich mit Weihwasser, wenn sie die Kirche betreten und viele ebenso, wenn sie die Kirche wieder verlassen. Stellen wir uns einen Moment vor, das gehörte Wort sei das Saatkorn der Liebe. Gegossen wurde der Boden vor der Saat, gegossen auch nach dem Einpflanzen. Wer sich dem Wort öffnet, bereitet sich auf den Empfang des Geschenkes der Liebe Gottes vor. Und nun liegt es an uns, es in unserem Leben groß und kräftig werden zu lassen. Ich finde, wer sein Leben mit Liebe würzt, wird kulinarische Genüsse ernten. Denn Liebe ist ein Lebensmittel, bei dem es keine Diät braucht, bei dem es kein „zu viel“ gibt. Das ist schwer zu begreifen, so, wie auch das Gleichnis wie das Senfkorn kaum zu begreifen ist. Aber das Echo auf die von uns weitergegebene Liebe ist ein kleiner Vorgeschmack darauf, wenn wir die Sichel ansetzen und die Ernte einbringen können.
Ihnen wünsche ich einen mit Liebe gewürzten Sonntag. Und dereinst eine reiche Ernte.
Tim Wollenhaupt