Zum Evangelium nach Matthäus 23, 1-23 am 05.11.2017
- Sonntag im Jahreskreis
Darauf wandte sich Jesus an das Volk und an seine Jünger und sagte: Die Schriftgelehrten und die Pharisäer haben sich auf den Stuhl des Mose gesetzt. Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen. Sie schnüren schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, wollen selber aber keinen Finger rühren, um die Lasten zu tragen. Alles, was sie tun, tun sie nur, damit die Menschen es sehen: Sie machen ihre Gebetsriemen breit und die Quasten an ihren Gewändern lang und auf den Straßen und Plätzen lassen sie sich gern grüßen und von den Leuten Rabbi (Meister) nennen. Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus. Der Größte von euch soll euer Diener sein. Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verschließt den Menschen das Himmelreich. Ihr selbst geht nicht hinein; aber ihr lasst auch die nicht hinein, die hineingehen wollen. Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr zieht über Land und Meer, um einen einzigen Menschen für euren Glauben zu gewinnen; und wenn er gewonnen ist, dann macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, der doppelt so schlimm ist wie ihr selbst. Weh euch, ihr seid blinde Führer! Ihr sagt: Wenn einer beim Tempel schwört, so ist das kein Eid; wer aber beim Gold des Tempels schwört, der ist an seinen Eid gebunden. Ihr blinden Narren! Was ist wichtiger: das Gold oder der Tempel, der das Gold erst heilig macht? Auch sagt ihr: Wenn einer beim Altar schwört, so ist das kein Eid; wer aber bei dem Opfer schwört, das auf dem Altar liegt, der ist an seinen Eid gebunden. Ihr Blinden! Was ist wichtiger: das Opfer oder der Altar, der das Opfer erst heilig macht? Wer beim Altar schwört, der schwört bei ihm und bei allem, was darauf liegt.
Und wer beim Tempel schwört, der schwört bei ihm und bei dem, der darin wohnt. Und wer beim Himmel schwört, der schwört beim Thron Gottes und bei dem, der darauf sitzt. Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gebt den Zehnten von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz außer Acht: Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue. Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen.
Liebe Leserin, lieber Leser,
In diesem Bibelabschnitt geht der Herr Jesus mit den Pharisäern und Schriftgelehrten hart ins Gericht.
In diesem Fall lässt Er keine Milde walten. Er ermahnt in diesem Text nicht nur seine Gesprächspartner, Er fällt ein hartes Urteil über sie.
Der Apostel Matthäus schreibt dieses Urteil für seine Leser klar und deutlich auf. Ich nehme an, es geht ihm nicht nur darum, die Kontroverse mit den damaligen Gelehrten an uns weiterzugeben. Matthäus möchte uns alle – bis auf den heutigen Tag – zur Vorsicht ermahnen.
Der Kern der Botschaft: Hütet euch vor solchem Denken und Verhalten, wie es die Pharisäer an den Tag gelegt haben.
Die Gruppe der Pharisäer (die Abgesonderten) beriefen sich auf den in 2. Mose 19, 6 genannten Grundsatz: „Ihr aber sollt mir als ein Reich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören. Das sind die Worte, die du den Israeliten mitteilen sollst.“
Um diese Worte perfekt in die Tat umzusetzen, hatten es sich die Pharisäer zur Verpflichtung gemacht, strikt die Gebote Gottes zu befolgen und ihr Leben und ihren Alltag konsequent danach auszurichten. Deshalb wurden strenge Regeln und Maßstäbe für sich und ihre jüdischen Mitbewohner festgelegt. Dem Wunsch, gottgefällig zu leben, kann sich der Herr Jesus nur anschließen und rät seinen Zuhörern deshalb, sich an ihren Regeln zu orientieren, aber nicht an ihrem eigenen Handeln und Verhalten.
Der Herr Jesus erkennt, die Pharisäer haben sich in sich selbst und in ihre Regeln und Gesetze verliebt. Sie möchten hochgeachtet werden, weil sie so streng die Regeln befolgen. Ja, sie sind „die Besseren, wenn nicht sogar die Besten“ unter den jüdischen Einwohnern. Sie kleiden sich entsprechend, möchten als Meister und Lehrer angesprochen werden und die besten Plätze am Tisch haben.
Der Weg, den sie eingeschlagen haben, ist vollkommen falsch. Sie lieben und ehren sich selbst, aber nicht Gott. Sie stellen das Gesetz und sich selbst an die erste Stelle. Doch der Herr Jesus möchte, dass das Gesetz für die Menschen zur Verfügung steht, aber nicht, dass der Mensch nur für das Gesetz lebt.
„Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat. Deshalb ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.“
Markus 2, 27-28)
„Vorsicht Falle!“, ruft uns der Apostel Matthäus hier mit seinem Bericht zu.
Befolgt die Gebote, das ist richtig und vernünftig. Aber erhebt euch deshalb nicht über die anderen Menschen, die das nicht so gut schaffen. Bleibt demütig, bleibt „auf dem Teppich“ und verachtet und verurteilt niemanden, denn das steht euch nicht zu.
„Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.“ (Johannes 8,7) So spricht der Herr Jesus zu einer Menschenmenge, die eine ertappte Sünderin steinigen möchte und niemand hat es gewagt, auch nur einen Stein zu werfen, weil alle erkannt haben: Nein, perfekt bin ich nicht.
„Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ (Lukas 14,11)
Wenn ich mir heute die sozialen Medien anschaue, kann ich spüren, wie viele Menschen gerne im „Licht der Öffentlichkeit“ stehen möchten. Es ist ja auch unbestritten ein schönes Gefühl von vielen Menschen beachtet und geachtet zu werden. Die Menschen schauen zu dieser Person auf und plötzlich fühlt sie sich als etwas Besonderes. Sie wird eine Person des öffentlichen Interesses.
Auch hier besteht die Gefahr, sich für zu wichtig zu erachten. Genau das sollte einem Christen aber nicht passieren, kann es natürlich, sollte es aber nicht.
An anderer Stelle erkennt der Apostel Paulus, dass auch er kein perfekter Mensch ist und schreibt an die Römer:
„Ich unglücklicher Mensch! Wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib erretten. Dank sei Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn! Es ergibt sich also, dass ich mit meiner Vernunft dem Gesetz Gottes diene, mit dem Fleisch aber dem Gesetz der Sünde.“ (Römer 7, 24-25)
Ich nehme an, Matthäus möchte uns mit diesem Bibeltext auch die Botschaft vermitteln: Egal wer ihr seid und was ihr im Leben erreicht habt, bleibt auf dem Teppich, hebt nicht ab! Es gibt überhaupt keinen Grund, sich als etwas Besonderes zu fühlen.
Ralf Crüsemann
Mein Tipp: „Tagessegen“
Jeden Tag neu spendet Pfarrer Heinz Förg aus dem Bistum Mainz den Segen für den Tag und verbindet dies mit einem kurzen Impuls zu einem ausgewählten Vers aus der Bibel. Das geistliche Ritual für den Start in den Tag!
Im Internet unter: