- Sonntag der Bereitungszeit, 28.05.2017 – Zum Evangelium nach Johannes 17, 1 – 11a
Es gibt Gemeinden, die sich sehr viel Mühe geben, wenn die Fürbitten vorbereitet werden. Da werden kleine Abhandlungen verfasst, die es wirklich in sich haben. Man kann tatsächlich in wenigen Zeilen um weise Politiker und den Frieden in der Welt bitten. Das finde ich beeindruckend. Auch, weil es der Gemeinde jeden Sonntag neu vorgebetet wird. Manch ein Gottesdienstbesucher wird den Eindruck haben, dass er auch um den Inhalt der Fürbitte gebetet hätte, er hätte aber länger nach der Formulierung gesucht.
Fürbitten haben in unserer Gemeinde einen sehr zurück genommenen Stellenwert, wird man denken, wenn man in St. Maria Magdalena als Messbesucher weilt. Ausgesprochen selten stehen dann Menschen am Mikro, die eine Fürbitte vortragen. In vielen Fällen scheint es so, als ginge der Pastor schleichend über sie hinweg, indem er sie pauschal anspricht und das Totengedenken mit einschließt.
Allerdings habe ich das so selbst nicht empfunden. Theologen verweisen bei dem Fürbittgebet gerne darauf, dass hier die Gemeinde selbst zum Priester wird und priesterlich handelt, nämlich im Gebet für jemanden.
In manchen Gemeinden gibt es auch die Form, dass der Priester zum Fürbittgebet einlädt und aus der Gemeinde heraus Bitten formuliert werden – gerade solche, die nicht zuvor formuliert und aufgeschrieben wurden.
Akustisch eignet sich die Kirche St. Maria Magdalena nicht für einen Zuruf aus der Gemeinde. Der Hall im Kirchenschiff macht die Bitte praktisch unhörbar. Doch der Gedanke hinter dem individuellen, dem nicht vorformulierten Gebet für jemand anderen kann auch in dieser Kirche leben. Denn durch die feste Stelle in der Liturgie weiß ich, wann ich eine Bitte im Gebet formulieren kann. Ob sie nun ausgesprochen wird oder gedacht wird, ist dabei gewiss unerheblich. Der Gedanke ist in der Welt und auf dem Weg des Gebetes. Ob laut oder leise, wir vertrauen darauf, dass die Bitte ihr Ziel erreicht.
Im heutigen Evangelium erleben wir einen fürbittenden Jesus. Das finde ich sehr berührend. Jesus weiß, was ihm bevorsteht und er weiß auch, dass die Menschen, die sein Wirken fortsetzen sollen, der Unterstützung bedürfen. Vor allem aber weiß er, dass er diese Unterstützung nicht mehr selbst und auf ewig gewähren wird. Er bittet für die, die ihm anvertraut sind und die sein Werk in die Zukunft tragen sollen. Und damit liegt diese rund zweitausend Jahre alte Bitte nicht nur als Buchstabengruppe in der Bibel, sondern sie betrifft mich selbst. Heute. Jesus bittet für alle, die heute sein Werk mit Leben erfüllen möchten. Er bittet für die, die sich mit ihm verbunden fühlen. Und er macht in der Fürbitte klar: Ihr werdet nicht allein sein, denn ihr gehört zu mir. „Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht“ (Joh 17, 10). Was für ein großer Trost für die, die sich mühen. Was für eine Zusage. Was für eine Bestärkung im Tun.
Ihnen wünsche ich, dass jemand heute für Sie bittet. Und ich wünsche Ihnen, dass Sie dadurch eine Bestärkung erfahren. Nicht allein, weil es jemand gedacht oder ausgesprochen hat, sondern weil Gott Sie liebt.
Tim Wollenhaupt