Viele Kirchen im Ruhrbistum Essen sind noch relativ jung und wurden erst im 20. Jahrhundert gebaut. St. Maria Magdalena am Wattenscheider Hellweg ist hingegen älter und sie kann auf eine noch viel ältere Geschichte zurückblicken. Denn die heutige Kirche hatte zwei Vorläufer und noch einen etwas älteren Nachbarn. Der Wattenscheider Hellweg gehört zu den vielen Wegen, die nach Santiago de Compostela führen und Pilgerstrecke für die Jakobspilger sind. Entsprechend gab es seit etwa 1395 etwas weiter in Richtung Essen ein Pilgerhaus und eine erste Kapelle für die Durchreisenden. 1439 stiftete Everhard von der Brüggeney das Leprosenhaus, also eine Einrichtung zur Betreuung von „Aussätzigen“. Everhard von der Brüggeney entstammt einem zwischen Stiepel und Hattingen ansässigen Adelsgeschlecht und wurde 1449 Pastor von Eickel, wobei man vermuten darf, dass diese Stellung mit einem ausreichenden Grundbesitz verbunden gewesen ist. Im gleichen Jahr stiftete er begleitend zum Leprosenhaus die Leprosenkapelle.
Hintergrund war, dass die Kranken nicht in die Hauptkirche der Gegend, die heutige Propstei St. Gertrudis, gehen durften, vermutlich, um die Gemeinde vor Ansteckung zu schützen. Schon diese erste Kapelle hieß St. Mariae Magdalenae, benannt also nach der Schutzpatronin der Kranken.
Bis 1862 stand die Kapelle und wurde dann wegen Baufälligkeit abgerissen. Zwei Jahre später entschloss man sich zum Bau einer neugotischen Kirche St. Maria Magdalena, die dort stand, wo sich heute die Kirchschule befindet.
Dieser Neubau fiel in eine Zeit, in welcher die Bevölkerung im Ruhrgebiet insgesamt und natürlich auch in Höntrop nach Industrieller Revolution und rasch wachsender Kohle- und Stahlindustrie sprunghaft stieg – die Kirche wurde für die größer gewordene Gemeinde zu klein. Nach einer verhältnismäßig kurzen Zeit entschloss man sich 1914 zum Bau der jetzigen Kirche St. Maria Magdalena. Kurz vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges wurde am 3. Mai 1914 der Grundstein gelegt.
Das jetzige Pfarrhaus stammt von 1894. Heute findet man es links hinter der Kirche, ursprünglich stand es parallel zur Vorgängerkirche. Das Pfarrhaus beinhaltet heute Privatwohnungen, das Archiv, Besprechungsräume, das Pfarrbüro und natürlich die Priesterwohnung.
Der Bau der Kirche (nach Plänen des Mainzer Dombaumeisters Ludwig Becker) zog sich bis weit in das Jahr 1915, was man zum Beispiel an den Widmungssprüchen der Glocken auch heute noch erkennen kann. Am 17.10.1915 weihte der Paderborner Weihbischof Heinrich Haeling von Lanzenauer die heutige Kirche St. Maria Magdalena.
Die alte Kirche blieb noch bis 1926 stehen und es gab Pläne, die Kirche zur Turnhalle umzufunktionieren. Dies scheiterte, die Kirche wurde abgerissen und auf dem Grundstück wurde die heutige Kirchschule errichtet. Die neue Kirche St. Maria Magdalena überstand den zweiten Weltkrieg nicht ganz ohne Schaden. Am 9. Juli 1943 geriet die Sakristei bei einem Bombenangriff in Brand. Davon ist in der Gegenwart nichts mehr zu sehen.
Wer die heutige Kirche betritt, sieht von der ursprünglichen Innengestaltung der Kirche nicht mehr viel. Alte Bilder belegen die düster wirkende massive Ausmalung, statt der heutigen Altarinsel stand in der Apsis ein Hochaltar. Mehrere Elemente sind aber noch vorhanden: Die Orgel wurde aus der Vorgängerkirche übernommen und erweitert, Säulen aus dem alten Hochaltar sind heute Teil des Altares und auch die Säule für die Osterkerze entstammt dem Hochaltar, das Bild im linken Vorraum war ebenfalls Bestandteil des Hochaltares und der ehemalige Taufstein dient heute im Vorraum als zentrales Weihwasserbecken.
Heute zeigt sich die Kirche in einem stark gewandelten Zustand: Die ursprüngliche Sandsteinfassade zeigte in den 1970er Jahren massive Undichtigkeiten. Diskutiert wurde der komplette Abriss der Kirche, stattdessen wurde die gesamte Kirche 1978-80 mit Schiefer verkleidet, eine kostengünstigere Variante, die der Kirche heute ihre optische Solitärstellung verleiht. Die ehemalige Ausmalung wich in mehreren Etappen einer deutlich hellen Farbgebung.
In der Apsiswand sind fünf Nischen erkennbar, von denen eine nur gemalt ist (v. l. Eingang zur Sakristei, Maria Himmelfahrt, Apsiskuppel, Tabernakel und Muttergottes). In den Kuppeln der Nischen sind Muscheln als grafische Elemente zu erkennen, womit die Kirche auf ihre Position am Jakobsweg verweist.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entschloss man sich zum Abbau von Kanzel, Hochaltar und Kommunionbänken zugunsten einer in die Gemeinde gezogenen Altarinsel. Diese Umgestaltung wurde von 1969 bis 1971 vollzogen. Die ursprüngliche Ausrichtung aller Kirchenbänke zur Apsiswand wurde verändert und so umschließt die Gemeinde heute die Altarinsel. Bei der Eucharistie umsteht die Gemeinde die Insel und empfängt gemeinsam die Kommunion. Rund 40 Menschen bilden dann einen Kreis und es ist ein schöner gemeinsamer Brauch, dass sich dieser Kreis erst auflöst, wenn alle die Kommunion empfangen haben.
In den freien Bereich zwischen Altarinsel und Apsis wurde im Februar 2000 ein begehbares Taufbecken eingelassen, wie es gegenwärtig sonst nur in St. Christophorus in Westerland/Sylt zu erleben ist.
Über dem Taufbecken sieht man auf ein großes Kruzifix aus dem ausgehenden 13. Jahrhundert, direkt neben der Taufstelle steht die Osterkerze auf einer hohen Säule, an der sich der Schrein für die drei Heiligen Öle befindet. Diese Konzentration führt zu einer besonderen spirituellen Dichte. Die Werktagsgottesdienste finden rund um die Taufstelle statt, hierbei wird ein Acrylaltar auf die Taufstelle gestellt. Auch das Sakrament der Firmung wird hier gespendet und schließlich wird bei Begräbnissen die Urne oder der Sarg auf der Taufstelle aufgebahrt: „Im Wasser und im Heiligen Geist wurdest Du getauft. Der Herr vollende an Dir, was er in der Taufe begonnen hat“ – hier wird dieser Wunsch greifbar und sichtbar.